jeudi 20 août 2015

Der Mauerweglauf von Berlin 2015 - Ich musste mir das noch einmal antun!

Da hab ich es also wieder getan. Der Mensch braucht ja Ziele, näch. Ich bin auch ein Vertreter der Fraktion "Einmal ist keinmal". Ich brauche schon ein wenig die Bestätigung für mich, dass eine Aktion keine Eintagsfliege und ein glückliches Zusammentreffen bester Umstände war. Das ist mir persönlich wichtiger als die, durchaus hübsche, Back-to-Back-Medaille. Und so stand letztes Jahr bereits kurz nach meinem ersten Mauerweglauf-Finish fest, dass ich dieses Jahr wieder antreten werde. Da dieses Jahr die Laufrichtung gewechselt wurde hatte dies auch den großen Vorteil, dass ich zu anderen Tageszeiten an den Streckenabschnitten vorbei kommen würde. Dadurch würde das durchaus ein etwas anderer Lauf werden. Und so war es auch. Dass der Mauerweglauf ein großes Lauffest ist, war natürlich für mich auch ein wichtiger Faktor. Und das meine ich nicht in Richtung Event sondern in eher daher, dass da so viele Bekannte Läufer teilnehmen würden, dass das eine einzige Freude sein würde. Ultralaufen ist wie eine Familienfeier.

Wie bereits letztes Jahr hab ich mich sehr langfristig auf den Lauf vorbereitet und konnte diese Erfahrung wieder umsetzen. Gar nicht mal so hohe Wochenumfänge, die waren teilweise geringer, als was manche Läufer in Marathonvorbereitungen laufen. Ein paar mal knapp über 100 Kilometer, mal 110, mehr sind nicht drin. Dafür baute ich ne Menge Ultrawettkämpfe ein, die viele Kilometer in die Beine bringen sollen. Die etwas speziellere Vorbereitung auf den Hamburg-Marathon brachte sogar noch etwas Tempo in die Muskeln, da ich Tempotraining an sich nicht so mag. Meine Gräten auch nicht. Der letzte richtig lange Lauf mit gut 95 km in 12 Stunden um dein Hollener See vier Wochen zuvor hat die Muskeln und den Kopf noch einmal auf das Kommende vorbereitet. Öfter wurde ich gefragt, wie man sich auf sowas wie den Mauerweglauf vorbereitet. Aus meiner Sicht durch das: Nicht zu wenige richtig lange Läufe, Ultras eben. Das lehrt die Muskeln lange, wirklich lange arbeiten zu können. Und das bringt auch viel für die Verletzungsprophylaxe. Der Gesamte Band- und Sehnenapparat wird soweit gestärkt, dass auch dieser lange ohne Ausfälle oder gar Entzündungen funktioniert. Hat also alles wunderbar geklappt, ein paar Zipperlein traten zwar auf, wie meine linke Kniescheibe, die am Patellasehnenansatz rumzuckte. Und die Adduktoren-Sehnen ärgerten mich immer mal wieder. Aber alles im erträglichen Maß. Ohne Schmerzen geht Ultratraining auch eher selten :P

Dieser Sommer ist ein heißer und wer sich für einen Wettkampf im August anmeldet muss sowieso damit rechnen, dass es ein heißer Tag werden kann. Glücklicherweise war es die Wochen vorher schon sehr oft richtig kuschelig. Ich hab zwar durch meine Nachtschichten eh keine andere Wahl, erst Nachmittags zu trainieren (früh direkt nach der Nachtschicht empfinde ich als grauenvoll) aber dadurch mache ich genau das: Mich an die Hitze gewöhnen. Da fällt zwar das Tempo etwas niedriger aus, aber das ganze System kann lernen, damit umzugehen, vor allem auch der Kopf. Ultralaufen ist zum größten Teil Kopfsache. Klar kann der Körper auch völlig breit sein, gar kurz vor dem Kollaps stehen. Aber abgesehen davon wird ein Ultra mit dem Kopf gelaufen. Und wenn man mit dem ständigen Gedanken "ach gottogott ist das heiß, ich kann gleich nicht mehr" läuft, dann können selbst die bestens trainierten Muskeln nicht mehr laufen. Das soll jetzt blos nicht überheblich klingen. Oft ist es eine Gratwanderung zwischen durchhalten und aufgeben. Die Grenzen sind fließend und verschieben sich von Lauf zu Lauf, oft auch mehrfach während eines Laufes und auch der mental stärkste kann einen Scheißtag erwischen. Auch mir wird das mal passieren. Ja davor fürchte ich mich durchaus, dass auch ich mal aufgeben muss. Und die Anzahl der Aussteiger von 80 Läufern und Läuferinnen spricht Bände: Es waren grenzwertige Bedingungen am Samstag! Und das waren nahezu alle sehr erfahrene Läufer.

Also, die Wettervorhersagen für den Samstag kündigten Temperaturen um die 30°C an. Das schwankte kaum und so war es dann so. War ich schon vorher gar nicht so erpicht auf die sub24, so war das nun gar kein Thema mehr. Die letzten Trainingseinheiten und auch die zwei eher lockeren Läufe fanden auch alle bei hohen Temperaturen statt. Kein einziges mal hatte ich dabei Probleme. Das waren schon gute Vorzeichen. Weiterhin hab ich mein Training in den vier Wochen seit dem 12-Stundenlauf nahezu perfekt gestaltet. Eine Woche davon erholen, dann Training anziehen und zwei Wochen noch mal knüppeln und die letzte Woche wieder das übliche Tapering. Da find ich das schon schön, dass ich meinen Körper über die Jahre so gut kennen gelernt und auch ein prima Körpergefühl entwickelt hab. Bis auf die Zipperlein gab es keine Verletzung und auch gesundheitlich war ich top fit. In der letzten Woche hab ich nach den zwei letzten Läufen jeweils auch noch eine Massage für die Beine gebucht. Wenn schon perfekte Vorbereitung, dann richtig! Und ich fühlte mich fit und voller Tatendrang, konnte es nicht mehr erwarten. Und ja, das soll durchaus erwähnt werden. Ich hatte auch Schiss vor dem Lauf. Das ist eine verdammt lange Strecke und leider weiß ich, was da auf mich zukommt. Das wird weh tun, streckenweise richtig weh tun. Wenn es dann soweit ist, werde ich damit umgehen können aber vorher ist das Dreck. Es war also wieder Lampenfieber vom Feinsten. Gloob jede zweite Nacht hab ich irgendwie von dem Lauf geträumt, zum Glück keinen Alptraum dabei gehabt. Ich war also wunderbar aufgeregt so wie sich das gehört.

Freitag Nachmittag ging es zum Ramada-Hotel, in dem die Startnummernausgabe und später die Pastaparty statt finden sollte. Ich freute mich riesig und ich traf viele liebe Freunde und Bekannte. Eine wundervolle Stimmung überall. Zu viele Fatzebuck-Freunde sind auch übel, bei einigen musste ich erst einmal grübeln, wer das gleich ist *flöööt* Mein Gedächtnis wird eben auch nicht jünger. Die Pastaparty war wieder vom Feinsten und das Buffet sehr reichhaltig. Dennoch hielt ich mich ein wenig zurück, hatte ich noch im Gedächtnis, wie ich mich vor vier Wochen etwas überfressen hatte und beim12-Stundenlauf lange einen "dicken Bauch" hatte. Anschließend gab es das Briefing durch den Orgacheff Hajo Palm und den Rennarzt Carsten Bölke. Im Gegensatz zu letztem Jahr war das dankenswerter Weise dadurch entzerrt, dass Staffeln, ausländische und deutsche Starter getrennt gebrieft wurden. Derweil konnten die anderen mampfen. Eine sehr weise Planung. Anschließend fanden sich wir uns noch gleich nebenan beim Hofbräu ein, um das Carboloading flüssig abzuschließen. Hier konnte ich mich seit längerer Zeit endlich mal wieder ausgiebiger mit meinem Freund Holger Hedelt unterhalten. Auch wenn er aufgrund einer Knie-OP nicht mitlaufen konnte, ist er extra mit nach Berlin gekommen, um Freunde zu treffen. Nach zwei Weizen bin ich dann aber auch schnell nach Hause gedüst. Den Rest einpacken, vor allem die so genannten Dropbags, die man zu den drei Staffel-Wechselstellen transportieren lassen konnte. Und dann versuchen zu schlafen. Okay, ich bin durchaus spät ins Bett, gegen 11 Uhr *schäm* Und dann konnte ich noch nicht einmal einschlafen. Boah hat mir der Kopf gedreht! Bis ich einen Schlussstrich zog und mich mit konsequenten Einschlaf-Mantras doch noch in den Schlaf bekam. Am Ende waren das trotzdem keine drei Stunden, denn um zwei dudelte bereits der Radiowecker!

Ich erwähnte die Dropbags. Es gab 3 Wechselpunkte der 4er Staffeln, in Hennigsdorf bei Km 34, am Schloss Sacrow bei Km 71 und in der Sporthalle in Teltow bei Km 103. Damit man nicht alle Sachen, die man so benötigen könnte über die komplette Strecke schleppen musste, konnte man diese in gekennzeichneten Beuteln verpacken. Die wurden dort hinverfrachtet und fleißige Helfer reichten einem diese dann. So etwas ist bei anderen langen Läufen auch Sitte und ich finde das eine wunderbare Sache. Bei km 34 würde ich noch nichts brauchen, also hatte ich dafür nichts geplant. Für den zweiten WP bei Km 71 aber schon. Für dort gab es Laufschuhe zum Wechseln, weiterhin die Warnweste und Stirnlampe für die Nacht. Ich hab über den Daumen gepeilt, dass mich die Dunkelheit bereits vor dem Wechselpunkt in Teltow ereilen würde. Die Wechselschuhe aus dem Grund, da ich das "kleine Risiko" einging, den Lauf mit nagelneuen Schuhen anzutreten. Die waren zwar Nachfolger von meinen Lieblingsschuhen (Asics Cumulus) aber man weiß ja nie. Ich war der Meinung, 71 Km werde ich auch so in den neuen schaffen und wenn ich Probleme bekomme, dann wechsele ich. Manchmal macht man sich auch noch zusätzlich das leben schwer *hihi*. Aber um das gleich mal vorweg zu nehmen, ich kam bestens mit den neuen Tretern klar. Nach ein paar Eingewöhnungskilometern, wo es mal hier und mal da drückte lief es sich wunderbar in ihnen und ich behielt sie über die ganze Distanz an. Und für den dritten Wechselpunkt in Teltow hatte ich eine komplette Garnitur neue Sachen bereit gelegt. Inklusive einem langen Laufshirt, falls es kühl werden würde in der Nacht.

Sooo, genug der Vorrede! Samstag ist Renntag! Auch wenn die Nacht recht kurz für mich war, kam ich bestens aus dem Bett und fühlte mich ausgeschlafen. Das fängt ja schon mal gut an. Gestern vergessen, das Müsli anzusetzen, also schnell vor dem Duschen nachgeholt. Richtig frühstücken oder nicht? Ich schaute noch einmal auf meine U- und S-Bahnverbindung. Und entschied mich, eine halbe Stunde später zu fahren und zu Hause richtig zu frühstücken. Zwei hart gekochte Eier machen mich an solchen Tagen prima satt. Gefolgt vom Müsli und es war noch Zeit, die letzten Lebenszeichen übers Fatzebuck in die Welt zu posaunen. Alle möglichen Scheuerstellen gründlich geschmiert, die Zehen dick mit Hirschtalg eingecremt (sonst bekomme ich üble Blasen zwischen den Zehen), fertig angezogen und ich war startbereit. Vor Vier Uhr aus dem Haus und es war warm! Das war nicht überraschend aber schon mal ein Vorzeichen, was mich erwarten würde. Mit bester Stimmung ging ich zum U-Bahnhof. Die Fahrt klappte bestens. Ich wunderte mich nur, wieso ich Jannowitzbrücke umsteigen sollte. Hä? Ich tat dies natürlich nicht, sondern fuhr bis Alex weiter, um dort die U2 zu nehmen. Bis mir der Quatsch auffiel. Statt Ziel-Bahnhof Eberswalder Straße hatte ich Bernauer Straße eingetippselt. Haha! Gut, dass ich mich da doch besser auskannte. Ich kam auch bestens im Jan-Sportpark und dem Stadion an. Viel Zeit war noch, letzte Vorbereitungen zu treffen, und noch alle lieben Leuts zu begrüßen. Wie ich schon erwartet hatte war eine recht lange Schlange am Frühstück und ich stellte mich wegen einem Kaffee da gar nicht erst an. Dann kam das Filmteam vom "sportfanatberlin" auf mich zu. "Sie kenne ich noch vom letzten Jahr! Wollen Sie nicht ein paar Worte in die Kamera sagen?" Och ja, da war ich gerne bereit. Hat Spaß gemacht und kam wohl im Filmchen auch gut rüber. Dann war es auch bald Zeit. Aufstellung nehmen und auf die letzten Minuten warten. Rechtzeitig watschelte ich schön nach hinten, da wo ich lahme Sogge hingehöre *hihi* Und Peng ging es los!

Juhu endlich! Gemütlich, zumindest wir hier hinten, setzten wir uns in Bewegung. Hatte ich schon erwähnt, dass es bereits jetzt kuschelig warm war? Wir liefen durch den Jan-Sportpark, vorbei an der Max Schmeling Halle und waren schon am Mauerpark. Weiter ging es Richtung Pankow. Ich bin diese Strecke in den letzten Jahren mehrfach gelaufen und so war mir das alles sehr vertraut. Zuletzt letztes Jahr in anderer Richtung in der Morgendämmerung. Die ersten Meter liefen sich wunderbar. Die Beine in Ordnung und sehr gut in Form. Die neuen Schuhe saßen gut und passten. Mir ging es wunderbar und in besserer Laune konnte ich nicht sein. So viele Monate, die ich mich darauf vorbereitet habe und nun passiert es und nichts ist schief gegangen. Der Blick zum Himmel war ein Guter, da gab es Wolken. Wer weiß, wie lange die sich da halten können? Jede Minute länger wäre gut für uns. Und schwubbs waren wir nach 48 Minuten am ersten VP. Ich wollte eigentlich an allen VPs eingangs und ausgangs Stoppen um so auch meine Netto-Laufzeit zu haben. Ist zwar nicht so wichtig aber für meine Statistik find ich das schon lustig. Und gleich am ersten VP vergaß ich eingangs zu drücken. War nicht das letzte mal, aber auch nicht so ärgerlich. Jedenfalls war ich von Beginn an in meinem Wunschtempo unterwegs: 6:45 bis 7:00. Ich hatte eine Flasche Wasser dabei, ne ganz einfache mit Schraubverschluss und so machte ich zum trinken immer eine kleine Gehpause. Das war eh der Plan, von Beginn an kurze Gehpausen einzulegen. Ganz nach Gefühl und ohne Plan.

Dass ich eine Flasche Wasser dabei hatte, erwähnte ich eben. Dies war auch Pflichtausrüstung: Beim Verlassen eines VP mindestens 0,5 Liter Wasser. Die VP-Helfer waren auch immer lieb und fleißig dabei behilflich, diese aufzufüllen. Ich hab das jetzt schon zwei mal probiert mit der Flasche. Die passt wunderbar in meinen Westen-Laufrucksack vorne griffbereit rein und stört kein bisschen. Und sie lässt sich viel einfacher wieder auffüllen, als die Trinkblase im Rucksack. Diesen erst abnehmen, aufmachen, Blase aufmachen, einfüllen und alles umgekehrt. Gleichwohl hatte ich die leere Blase dabei für den Fall, dass mir der halbe Liter Wasser zwischen zwei VPs nicht mehr ausreichen würde. Ein eingeschaltetes Handy (die Nummer musste man dem Veranstalter bekannt geben) gehörte ebenfalls zur Pflichtausrüstung. Sonst hatte ich noch dabei: Zwei paar trockene Laufsocken für den Fall, dass ein Regenguss meine durchweichen würden, Klopapier, Salztabletten, Ersatzbatterien für die Stirnlampe, Ersatzakku für die Kamera, die Kamera natürlich selbst, Geld! *grins*, Gleitgel-Stick zum Nachschmieren, Ersatzkontaktlinsen und für den "Notfall" meinen MP3 Player. So fühlte ich mich bestens und für alle Eventualitäten vorbereitet. Das alles wiegt ja nicht viel und stört nicht. Ist ja kein 10er wo es auch jedes Gramm Gewicht ankommt.

Beim VP1 waren wir bereits in Wilhemsruh. Und es lief schön weiter. Links das Märkische Viertel und rechts Rosenthal. Und weiter bis wir bei Lübars eine Weile das Stadtgebiet verließen. Es ging größtenteils auf dem Asphaltweg enlang und lief sich wunderbar. Wir Läufer waren auch hier hinten noch recht viele und dicht beisammen. Ich hatte ein Laufpaar um mich herum, die eine Art Galloway-Methode praktizierten. Ein paart hundert Meter recht flott rennen, geschätzt in 6er Pace, um dann ein kleines Weilchen planmäßig zu flott gehen. Mit denen überholte ich mich schon recht oft. Auch andere Läufer hatten einen anderen Rhythmus als ich. Es wurde nicht langweilig. Nach knapp zwei Stunden und etwas mehr als 16 Kilometern waren wir in Glienicke. Inklusive bisheriger zwei VPs war ich da in einem guten Tempo unterwegs. Natürlich werde ich langsamer werden, also nicht sehr viel vom eigentlichen Lauftempo her aber die Gehpausen werden sich verlängern und das kostet dann halt mehr Zeit. In Anbetracht der zu erwartenden Temperaturen werden die für mich sehr notwendig werden. Und jetzt kam auch die Sonne raus. Und recht früh wollte sie zeigen, was sie noch so alles vor haben würde. Ich hieß sie nun nicht gerade willkommen aber dagegen machen konnte ich auch nichts. Isso.

So bei Kilometer 22 gab es eine tolle Überraschung. Lutz Raschke, der Vizecheff meines Vereins, der LG Nord Berlin, wartete dort auf mich, nachdem er schon ein paar Kilometer Freund Stefan Bicher begleitet hat. Ein paar Kilometer machte er mir den Lauf sehr kurzweilig und noch angenehmer. Ja mir ging es immer noch sehr gut. Der weil lief ich durch herrliche Waldgegend und wunderte mich über den sch... ähm schlechten Boden. Übles Kopfsteinpflaster. Mensch, auch wenn es letztes Jahr dunkel hier war konnte ich mich daran nicht mehr erinnern. Ärgern an sich konnte mich das nicht. Durch Lutz hatte ich einen angenehmen Partner an meiner Seite und seine Sorge, ob er mich zu sehr zuquatschen würde zerstreute ich sehr schnell. "Lass dich nicht stören, wenn ich mal nix sage, sabbel ruhig weiter. Mir fällt da gerade nur nichts ein." Die richtige Radbegleitung auf solch einer Strecke kann schon sehr viel Angenehmes bewirken aber ich wüsste niemanden, dem ich eine solch lange Strecke an meiner Seite zumuten könnte. Nebenbei horchte ich immer mal wieder in meinen Körper rein um irgendwelche störenden Signale aufzufangen. Da kam nichts. Auch den Füßen ging es prima in den neuen Schuhen. Links hatte ich zwar leicht das Gefühl, als ob sie ein klein wenig an der Ferse zu eng sein würden. Wer mit dem Aufbau von Laufschuhen vertraut ist weiß, dass da als stabile Elemente Plastik eingearbeitet ist. Und das muss sich mitunter erst einmal durch einige Kilometer zurecht arbeiten. Ich hoffte, dass die Kilometer hier ausreichend sein würden. Das war aber noch weit weg von ernsten Problemen, ich bin halt aber eben auch sehr feinfühlig in den Füßen. Da war übrigens so ein unwegsamer Weg über Kopfsteinpflaster wie geschaffen dafür, neue Schuhe einzulaufen.

Bei etwa Kilometer 25 gab es einen emotionalen Höhepunkt des diesjährigen Mauerweglaufes. Der Mauerweglauf startet bewusst immer am Wochenende nach dem 13. August, dem Datum des Mauerbaus und soll auf seine Weise an den Bau der Mauer und die Trennung der beiden deutschen Staaten erinnern. Und noch mehr soll er an die Menschen erinnern, die beim Versuch die Grenze zu überwinden ihr Leben lassen mussten, weil sie von Grenzsoldaten erschossen wurden. Der Lauf dieses Jahr war Marienetta Jirkowsky gewidmet, die am 22.11.1980, gerade einmal 18 Jahre alt, mit ihren Freunden in Hohen Neuendorf versuchte, nach Westberlin zu gelangen. Ihr Freunde schafften die Flucht, Marienetta wurde erschossen. Wir Läufer ehrten Marienetta dieses Jahr, indem wir auf kleine Kärtchen eine persönliche Widmung schrieben und diese an eine Tafel hefteten.

Mit Lutz umrundete ich also einige Kilometer Fronau, seine Heimat. An der Invalidensiedlung erzählte er mir noch etwas über die Geschichte selbiger. So lernte ich sogar noch etwas. Bis er ankündigte, dass er nun gleich Abschied von mir nehmen, Brötchen einkaufen und mit seiner Familie Frühstücken würde. Bei einer weniger ausgeprägten Frohnatur wie mir hätte so etwas mächtige Neidgefühle auslösen können, aber so wünschte ich ihm ein tolles Frühstück und liebe Grüße an die Frau und bedankte mich heftig für die nette Begleitung. Und wie zum Trost, aber es war mehr als ein Trost, erwartete mich am VP5 die nächste Überraschung. Kaum hatte ich Lutz verabschiedet sah ich doch tatsächlich die Barbara! Na was für eine Freude! Ich sach im Forum noch, sie solle mich ansabbeln, dabei kennen wir uns schon sooo lange. Da wird sie sicher auch gekichert haben. Ob geplant oder nicht, die nächsten Kilometer begleitete sie mich auf ihrem Radel und es war dadurch weiterhin wunderbar kurzweilig. Da nun schon recht starker Verkehr auf dem Mauerweg war, bei dem Wetter zieht es eben die Ausflügler hinaus was ich gut verstehen kann, war es manchmal nicht leicht nebeneinander zu laufen und radeln und zu schwatzen. Wir bekamen das aber prima hin und es war eine Freude! Ich bin an sich bei Ultraläufen ein Einzelläufer, schließe mich sehr selten anderen an und wenn, dann eher schon mir bekannten Menschen. Aber solch eine Begleitung einer lieben Freundin ist was anderes und mir äußerst willkommen. Ähnlich der Laufbegleitung von Sylvia im letzten Jahr.

Mittlerweile war es schon fast Zehn Uhr und schon richtig warm. Probleme hatte ich damit zwar keine, aber wie schon weiter oben erwähnt, hab ich mein Tempo dementsprechend angepasst. Und da erwähnte Barbara, dass sie noch kaltes Fruchteis dabei hat! Ah, was ist das denn?! Ich hab zwar erst gezögert aber dann doch: Her damit! Das war wirklich noch richtig kalt und so lecker. Auch wenn ich es nicht ganz geschafft hab. Kleine Erwähnung: ich hatte mittlerweile doch schon gut zu kämpfen mit der Hitze und das wirkte sich auch etwas auf meinen Magen aus. Sie blieb bis etwa Kilometer 40 bei mir und verabschiedete sich mit den Worten, dass sie nun in der Havel baden gehen würde. Hach jaaaaaa, da wäre ich gleich mit in die Fluten gesprungen!

Vorher allerdings sind wir noch gemeinsam am ersten Wechselpunkt der Viererstaffeln vorbei gekommen. Und auch hier eine wunderschöne Überraschung. Ingrid und Jürgen Moldenauer, "die Moldies", waren hier um uns Läufer anzufeuern. Wieder große Freude bei mir! Einige Male waren wir Partner als Helfer beim Baltic Run. Das ist so schön, welche Anteilnahme uns Läufern entgegen gebracht wird. Jedes Bekannte Gesicht ist eine große Aufmunterung. Ich kann mich an keinen anderen Lauf erinnern, bei dem soviele liebe Leuts an der Strecke waren, als Helfer oder einfach nur um uns zu beklatschen. Jedes einzelne mal so schön. So oft kann ich gar nicht Danke sagen, wie ich möchte!

Nachdem mich Barbara verließ wurde es ein einsames Rennen. Sooo einsam! *schluchtz* Ne Quatsch ;o) Es gab genügend andere Läufer um mich herum und auch einige, die ich schon lange kannte. John Kupferschmidt, der dieses Jahr das vierte mal den Mauerweglauf absolvierte. Leider wurde er dieses Jahr wohl auch ein Opfer der Hitze :( Oder Adrea Möhr, so eine liebe und wunderbare Läuferin. Und Kämpferin, sie schaffte es kurz nach mir auch ins Ziel. Viele Male überholten wir uns gegenseitig. Bei solch einem Ultra hat jeder seinen eigenen Rhythmus und in unserem hinteren Feld kämpft niemand gegen den anderen, da ist es eher ein großes Miteinander. Und was auch gut gegen die Einsamkeit war: Viele Unbeteiligte, Wanderer, Spaziergänger, Anwohner, Radler, Jogger, was weiß ich nicht noch alles, die wussten, was wir hier machen, applaudierten uns und feuerten uns an! Das fand ich jedes mal so schön und aufbauend. Das ist anders als bei Massenveranstaltungen, wo die Menge am Straßenrand grölt und rasselt. Hier ist das Anfeuern persönlich und tut ungemein gut :)

Der Tag zog sich nun hin und durch das langsame Lauftempo und die vielen Gehpausen vergingen die Kilometer doch recht langsam. Man könnte meinen, dass das aufs Gemüt schlägt, das hatte ich auch befürchtet, war aber nicht so. Es war heute und hier so und damit basta. Ich hab mir den Quatsch freiwillig ausgesucht und nehme die Herausforderung an. Natürlich hab ich des öfteren geflucht. Da komm ich aus einem schattigen Wäldchen raus, hab die Sonne von hinten und die Luft steht und es ist einfach nur heiß. Keinerlei Kühlung. Da nützt das feuchteste Shirt nichts, schön ist das nicht unbedingt. Kam ein Lüftchen auf, dann war es wieder erträglicher. An jedem VP waren Schüsseln mit frischem kalten Wasser nebst Schwämmen. Da hab ich mir jedes mal den Schwamm genommen und mir ringsrum den Kopf gekühlt. Den Nacken und das Gesicht. Und die Augen ausgewischt, da der Schweiß manchmal brannte. Ich hörte hinterher, mit Kontaktlinsen soll man das nicht machen *stutz* mache ich schon immer und hat noch geschadet :P Die Sachen brauchte ich nicht weiter befeuchten, vom Kopf lief genug runter aufs Shirt und weiter bis zur Hose. Also alles schön nass. Das kühlt halbwegs, wenn mal Wind weht. Ich erwähnte bereits, dass mein Magen sich nicht ganz so wohl fühlte, wie ich mir das gewünscht hätte. Anfangs futterte ich ein paar mal Käsebrote an den VPs, und dann auf einmal bekam ich das Brot nicht mehr runter, musste es wegwerfen. Hab ich mich erst einmal an viel Melone und Orangen gehalten. Und bin auf Apfelschorle beim Trinken umgestiegen. Die war zwar auch nicht mehr kühl, prickelte aber wenigstens noch etwas in der Kehle. Durstlöschen ist eben auch eine Kopfsache. Kalte Selters in der Kehle löscht für den Kopf eben am besten den Durst als pupswarmes Wasser. Auch wenn das weiter unten eher egal ist. Meine Halbliterflasche Wasser war nun auch immer leer, wenn ich an den VP kam. Ich teilte mir das Wasser immer gut ein auf die Strecke dazwischen, nicht dass ich zu lange ohne etwas war. Der längste Abschnitt zwischen zwei VPs war zwischen VP 6 und 7 und 7,53 km lang und da war es auch, wo es echt knapp wurde und ich ziemlich durstig an den VP kam. Da hab ich hin und her überlegt, ob ich mir nicht doch eine Reserve in die Blase in den Rucksack füllen sollte. Ich lies das doch noch einmal und hatte Glück, brauchte ich dann doch nicht. Und was das Trinken allgemein angeht, da musste ich mich an den VPs durchaus auch etwas beherrschen. Die Aufnahmekapazität des Körpers bzw. der Transport der Flüssigkeit vom Darm ins Blut ist nun einmal begrenzt und es macht keinen Sinn, oben jede Menge reinzuschütten nur weil der Durst es verlangt. Rückblickend kann ich sagen, ich hab auch da alles richtig gemacht.

Ich hatte ein wichtiges Highlight im Kopf, worauf ich mich freute, das war der VP 11 "Pagel & Friends" bei Km 63,40. Da gibs Rabbatz, die machen laute Musik, da kommt die Nachbarschafft zusammen. Das sind Lauffreunde im Sinne des Wortes und tun uns das Beste an, was man sich denken kann. Aber vorher traf ich einen weiteren ganz lieben Freund am VP 9, den Micha "Schleicher" Labs. Vielleicht hat er es vorher im Forum erwähnt, dann hatte ich es vergessen, ich war so freudig überrascht, ihn da als Helfer zu sehen! Das baut auf, das bringt neue Kraft und Spaß ins Laufen! Ich hatte es sowieso nicht so eilig bei den Wetter und so konnten wir gemütlich ein paar Worte wechseln :) Von VP 10 bis zu Pagel & Friends liefen wir lange auf dem Radweg entlang der Potsdamer Chaussee. Der war schön und da konnte ich es rollen lassen und schattig war es zudem. Einzige der permanente Autoverkehr war störend für die Ohren. Und auch wenn es dauerte, auch der längste Weg ist mal zu Ende und ich war am VP 11. Ja Stimmung! Und das reichhaltigste Buffet des ganzen Laufes. Aber ich hatte nur Augen für die frischen, noch heißen Pellkartoffeln. Und eine Flasche Erdinger Alkfrei nahm ich mir und setzte mich auf eine Bank. Dies war das erste mal, dass ich mich heute hinsetzte. Zum Vergleich: Letztes Jahr saß ich ganze drei mal, zwei mal um Steinchen aus den Schuhen zu pulen und ein mal um die Schuhe zu wechseln. Dieses Jahr gab es kein Sitzverbot *grins*. Außerdem schmeckt sone Pellkartoffel im Sitzen eh viel besser. Schmecken? Son Quatsch! Die hat mir überhaupt nicht geschmeckt. Wurde mehlig im Mund und immer mehr und jeden Bissen musste ich mit einem Schluck Erdinger runterspülen. Und das lag nicht an der Kartoffel. Also zweie waren es. Aber ich zwang mich dazu und schluckte brav alles runter. Auch das eine kleine Willensleistung. Derweil gesellte sich Bernd Struzak von den Radiergummis zu mir und wir schwätzten ein Weilchen. Wir sollten uns noch einige male begegnen auf der Strecke. Nachdem ich die Kartoffeln verputzt und das Erdinger ausgetrunken hatte schnappte ich mir noch zwei Stück so saures Gummizeugs und machte mich wieder auf den Weg. Ich hatte eh vor noch ein par Meter zu gehen, ehe ich wieder anlaufen würde. Das brachte noch leckeren süß/sauren Geschmack in den Mund und gut wars. Und was soll ich sagen, das war das Ende aller Magensorgen!

Vor dem VP hatte es sich bereits angekündigt. Wolken zogen auf und verdeckten mehr und mehr die Sonne. Es war jetzt 15 Uhr und ohne dies hätten wir noch viele Stunden lecker Hitze und Sonne vor uns gehabt. Willkommener hätte das gar nicht sein können. Dazu kam eine lustige Begebenheit. Gleich zu Beginn am VP hab ich meine Birne unter eine herrliche kalte Dusche gehalten. Das Wasser lief natürlich auch wieder aufs Shirt und alles war wunderbar nass. Und als ich ein paar Minuten da meine Kartoffel essend saß wurde mir kurz regelrecht kalt. Inklusive Entenpelle! Den Moment hat ich schon genossen :) Und als ich dann wieder los gewatschelt bin vom VP, nicht viel später setzte doch tatsächlich Regen ein! Aber weit entfernt von den angekündigten Gewittern, sondern eher fast schon zu wenig. Aber das war schon angenehm. Weiterhin war die Sonne verdeckt und es lief sich gleich viel besser. Um wieviel es sich da abkühlte will ich nicht abschätzen, das kann, wenn man laufend unterwegs ist, schon sehr täuschen. Aber es wurde fühlbar kühler. Und ich konnte durchaus auch wieder längere Strecken am Stück rennen zwischen den Gehpausen.

Rennen und Gehen, das war meine Fortbewegung. Manche nennen es Laufwandern. Mein Gehtempo ist dabei meist grottenschlecht und alle anderen überholen mich dabei mühelos. Das kommt natürlich auch auf die Einstellung und meinen Erschöpfungsgrad an. Manchmal schlurfe ich gehend schon richtig langsam. An diesem Tag störte mich aber nichts von alledem. Ich glaube, noch vor VP 11 war es, da machte ich mir Gedanken, darüber wann ich denn so ins Ziel kommen könnte. Da hatte ich noch etwa 100 Km zu laufen. Und noch mehr als 21 Stunden Zeit auf den Zielschluss. Ja auch mir selbst ist in solchen Momenten durchaus die Dimension der Unternehmung bewusst. Ich laufe ja nu auch nicht jeden Tag solche Distanzen. "Nur noch 100 Km", das klingt doch verrückt *lachweg*. Also das Ganze wäre mit weniger als 5 km/h bzw. 12 min/km zu schaffen. Dass ich das schaffen werde, daran hatte ich in dem Moment keinerlei Zweifel. Mir schwebte da allerdings schon vor, dass ich doch ganz gerne unter 28 Stunden ins Ziel kommen könnte. Jetzt im Nachhinein merke ich, dass ich mich da unterwegs schon ein wenig verrechnet hatte. Okay, das nächste mal nehme ich einen Taschenrechner mit. Ich stellte meinen VP (virtuellen Partner) im Garminchen auf 12 min/km und dachte mir, mal schauen, wie sich das entwickelt. Ich durfte natürlich eines nicht vergessen, 12 mim/km sind komplettes Tempo über alles, wenn ich zu lange an den VPs rumlungern würde, muss ich das dazwischen raus laufen. Das Schöne an dem VP ist, man sieht immer, um wieviele Minuten man sich vor oder hinter dem VP befindet. Und mit jedem Abschnitt, den ich rannte, gab es einen weiteren Vorsprung. Nebenbei braucht man als Läufer ja auch etwas Ablenkung auf der Strecke.

Ende Teil eins :)

Gruss Tommi


Der Mauerweglauf von Berlin 2015 - Ich musste mir das noch einmal antun!

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