lundi 29 juin 2015

Warum man Vorletzter werden und dennoch glücklich und zufrieden sein kann.

Ich bin auf die Bahn gegangen!

Sprachversierte werden am Akkusativ erkannt haben, dass ich da wohl eher gelaufen bin, denn sonst hätte es ja heißen müssen „auf der Bahn gegangen“. Aber das machen ja nur Geher, auch wenn die da so manchem Läufer davon rennen, ach nein, natürlich gehender Weise enteilen, was optisch oftmals so aussieht, als würde da jemand seinen Part für eine Theateraufführung mit watschelnden Enten einüben.

Aber das wollte ich gar nicht berichten. Ich bin „auf die Bahn“ gegangen, um dort 3.000 m zu laufen, genau 7 ½ Runden und genau gestoppt. 3.000 m sind nicht meine Standardstrecke, und ähnlich wie so mancher Laufanfänger am Rätseln ist, was er leisten könne, war auch ich am Grübeln, was so drin sein könne und wie ich es angehen sollte. 11 min wären gut, wären eine runde Zahl. Aber das, was vor etlichen Jahren im Intervalltraining mehrfache Zielvorgabe war, schien mir doch zu ambitioniert. Während nämlich die eigenen Kauwerkzeuge nur durch permanente Wartungsarbeiten ihre Funktionsfähigkeit behalten, geriert sich der Zahn der Zeit als ebenso unverwüstlich wie unerbittlich und nagt und nagt und nagt…

11:15 min wollte ich aber unbedingt unterbieten, und ich einigte mich mit mir, das dann auch als Tempovorgabe zu programmieren. Das heißt, ich stellte an der Laufuhr den Distanzalarm auf 45 Sekunden. So konnte ich alle 200 m überprüfen, ob ich im Soll war.

Das Feld war klein: 13 Starter beiderlei Geschlechts. War aber auch egal, denn wenn es größer gewesen wäre, hätte man den Lauf geteilt. Die Laufbahn verträgt halt keine beliebig großen Felder. Ich stand an der leicht gebogenen Startlinie rechts außen als letzter Läufer der vorderen Reihe. Als der Startschuss fiel, lief ich nach links innen, aber erstmal knubbelte sich das Feld.

3.000 m sind irgendwie eine fiese Distanz. 7 ½ Runden sind gar nicht so viel, aber man muss schon von Anfang an ziemlich aufs Tempo drücken, und als ich das erste Mal auf die Ziellinie zulief, also nach 200 m, sah ich an der großen Uhr, dass das Tempo eigentlich zu schnell war. Ich fühlte mich gut, war geneigt, an dem vor mir liegenden Läufer vorbeirennen, der mir einen Tacken zu langsam daherkam, aber nach Vollendung der ersten Runde signalisierte mir mein alter Kadaver, dass eine Tempodrosselung angeraten sei. Ich war folgsam – mit dem Effekt, dass beim 2. Zieldurchlauf – 600 m hinter mir und 6 Runden to go – die Uhr fast genau auf Ziellinie piepste. Das hieß, ich war klar langsamer geworden und gerade noch auf Zieltempo. Das war blöd, ich musste zulegen, machte das auch.

Nun hatte ich mein Tempo gefunden: zügig, anstrengend, der Atem heftig, aber der Zeitvorgabe genügend. Das war kein lockeres „das Rennen nach Hause laufen“, sondern Kampfeinsatz. Es kam hinzu, dass die Temperatur mir etwas zu warm und zu schwül erschien. Runde um Runde rang ich solcherart nieder. Zwei Wochen zuvor noch war ich ebenfalls auf der Bahn gelaufen, allerdings 5.000 m, ebenfalls in hohem Tempo, aber in einem, das ich gut verkraften konnte und bei dem ich noch eine Art „Wohlfühltempo“ verspürt hatte. 19:15 min hatte es am Ende geheißen.

Heute dagegen bewegte ich mich außerhalb des Wohlfühltempos, merklich angestrengter, immer die Runden runterzählend und auf die letzten 2 Runden schielend. Doch auch die vorletzte Runde schien noch zu früh für einen letzten Schlussspurt. Immerhin konnte ich noch an einem jüngeren Läufer vorbeiziehen, den allmählich die Kraft zu verlassen schien. Später erfuhr ich, dass dieser Überholvorgang mich davor bewahrte, Letzter zu werden. (Einer der männlichen Läufer stieg aus, und ich beendete das Rennen als 8. von 9 männlichen Finishern.) Endlich wurde die Schlussrunde angezeigt. Vorher schon hatte die Uhr immer einige Meter hinter der 200 m- bzw. 400 m-Marke gepiept. D. h., ich hatte gegenüber meiner Zeitvorgabe von 11:15 min einen leichten Vorsprung herausgelaufen.

Mit den letzten Körnern den Schlussspurt auf der Zielgeraden anziehend, sah ich die Sekunden auf der großen Zieluhr umspringen. Die selbst gesetzte Zeitvorgabe von 11:15 min hatte ich klar „im Sack“, aber war das nun knapp unter oder knapp über 11:10? Abwarten war angesagt. Dann war die Urkunde fertig: 11:09,46 min, also drunter. Aber das Wichtige war: Die 11:16,1, die seit einem Vierteljahrhundert den M65-Kreisrekord im LVN-Kreis Düsseldorf-Neuss darstellten, hatte ich klar unterboten.

Denn das war die eigentliche Motivation, mal wieder für so eine relativ kurze Distanz auf die Bahn zu gehen. – Man kann natürlich auch in der M65 und nach 22 Laufjahren noch Bestzeiten aufstellen. Aber das sind dann Strecken wie 11,68 km oder 5/6-Marathon oder so Zeugs, was man noch nie zuvor gelaufen ist. Über die Standarddistanzen dagegen ist die Diskussion, ob Nass- oder Trockenrasur überflüssig, denn da ist in jedem Fall der Bart ab. Also muss man sich andere Ziele suchen, und nachdem ich irgendwann auf eine Liste mit den Kreisrekorden gestoßen war, hatte ich mir vorgenommen, da mal aufzuräumen, denn manche Zeit hat schon etliche Jahre auf dem Buckel und verdient es, in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet zu werden.

Die Straßenstrecken über 10 km, Halbmarathon und Marathon waren als erste dran, denn da ist das Angebot an Veranstaltungen ja sehr großzügig, zumindest hier bei mir in der Ecke. Bahnläufe sind deutlich rarer gesät, und so konnte ich erst vor 2 Wochen einen 5.000-er finden und nun eben die 3.000 m in Angriff nehmen. Jetzt fehlen mir noch ein 10.000 m-Lauf und die Mitteldistanzen 1.000 und 1.500 m. Dann ist nach unten hin aber auch Schluss, denn bereits die 800 m sind zu kurz für mich und ich da zu langsam.

Die selbst gewählte Aufgabe gehe ich gewissenhaft und mit einer Portion Ehrgeiz an, aber dennoch betrachte ich die ganze Chose nicht als die ultimative sportliche Herausforderung. Eher hat das etwas mit dem Sammeln von Bierdeckeln oder der Vervollständigung einer Musiksammlung zu tun.

Da ich immer schon ein Faible für Zahlen hatte, habe ich nach dem Lauf auch registriert, dass mir nur noch eine Veranstaltung zum „Gold-Jubiläum“ fehlt, denn in den letzten 49 Wettkämpfen habe ich die Altersklasse nicht mehr verloren. Das hört sich wiederum großartiger an, als es ist, waren doch manche Läufe dabei, in denen ich gleichzeitig Erster und Letzter meiner Altersklasse war und mir so manches Päuschen unterwegs hätte gönnen können wie auch beim heutigen Lauf. Wobei: ist doch ein blödes Beispiel, weil es dann mit dem Kreisrekord nicht geklappt hätte. Es gab aber auch etliche Wettkämpfe, die ich gegen große Konkurrenz oder mit höherem Einsatz gewinnen konnte wie den Marathon in Hamburg, die gut besuchten Läufe zur Duisburger Laufserie oder meinen Lieblingslauf in der alten Heimat, den Störlauf.

Mal sehen, was der Halbmarathon in Himmelgeist als nächster Wettkampf bringen wird.

Bernd


Warum man Vorletzter werden und dennoch glücklich und zufrieden sein kann.

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