dimanche 23 novembre 2014

Blumensaatlauf 2014 - Wie ein Nimbus zur Hürde werden kann

Zwei Dinge vorab: Mit der schnellen Strecke am Baldeneysee in Essen verbindet mich seit meinen ersten Läufertagen vor dreieinhalb Jahren eine innige Liebe, ich habe sie schon an anderer Stelle als mein läuferisches Wohnzimmer bezeichnet. Nirgendwo war ich bisher über drei Jahre konstant so schnell wie hier. Dreimal angetreten, zweimal PB, einmal knapp vorbei. Als ich meinen Trainer im September bat, mich bei meinem Vorhaben 10km-Sub45 zu unterstützen, mußte ich daher keine Sekunde überlegen, den gestrigen Blumensaatlauf als Ziel-WK auszuwählen. Der Termin paßte und wo sonst als auf dieser Strecke sollte es gelingen können?



Die Sub45 gelangen allerdings schon bei einem Test-WK. Als ich mich Anfang Oktober in Soest unterwegs sehr gut fühlte, riskierte ich es und zog den Lauf voll durch: 44:23. Damit war die Latte für mich schon sehr hoch gelegt. Meine Vereinskameraden hatten allerdings nur in Erinnerung behalten, daß ich ja in Essen "PB laufen" wollte, was nicht so ganz stimmte. Trotz aller guter Wünsche vorab, ich beließ es bei dem ursprünglichen Ziel und das war: Sub45 und nicht (notwendigerweise) PB, was ja nochmal 38 sek. schneller gewesen wäre. Alle anderen Gedanken verdrängte ich konsequent im Vorfeld. Doch irgendwie lastete dieser Haupt-WK der Herbstperiode weiter auf mir, der ja irgendwie vorab schon seine Bestimmung verloren hatte. Dieser Ort schreit nun mal nach Bestzeiten.



Als es dann bei herrlich mildem Herbstwetter und 12° C unter der ehem. Eisenbahnbrücke Kupferdreh ins Rennen ging, wollte der Nimbus dieser Strecke nicht aus meinem Kopf weichen. Hier gibt es keine andere Ansage als Vollgas. Ungewohnt nervös kam ich vom Start weg nicht in die Gänge. 5er Pace auf den ersten 300 m, was war das denn??? Gut, es ist recht voll dort, aber etwas schneller wäre schon gegangen. Etwas widerwillig zog ich das Tempo an und kam noch recht glimpflich mit einer ersten 4:38er-Split davon. 8 sek waren schon so mir-nichts-dir-nichts weg. Mühsam fand ich mein Tempo, aber ich schrammte immer um Haaresbreite an der Zielpace entlang: 4:29 4:28 4:30 4:27. Das Tempo fühlte sich schon verdammt anspruchsvoll an, aber es war wirklich das mindeste, das ich gehen mußte. Es ging alles vor allem im Kopf sehr schwer, keine Spur von der Frische im vorangegangenen PB-Lauf, wo ich locker 4:21-4:23-Splits hinlegen konnte. Am Wendepunkt bei 5 km in 22:32 fehlten mir immer noch 2 sek. auf die Marschtabelle.



Hier wo man ein einziges Mal heruntergebremst wird und seine Pace neu finden muß, hatte ich vor zwei Jahren bei meinem besten WK den einzigen kleinen Fehler, als ich zu schnell auf den nächsten km ging. Ich hätte es also wissen müssen, aber ich tappte wieder in die gleiche Falle rein. Diesmal war es aber ein gröberer Schnitzer. Teilweise mit 4:10 unterwegs, merkte ich erst, als es mir plötzlich richtig dreckig ging. Ich nahm sofort Fahrt raus und schloß den km mit 4:21 ab, aber auf der Geraden vor Haus Scheppen dachte ich erstmalig an Aufgabe. Doch ausgerechnet auf dieser MEINER Strecke? Nein! Zumindest bis Haus Scheppen bei km 7 wollte ich noch weiterlaufen, hielt das Tempo konstant, die angepeilte Markierung erreichte ich mit 4:26. Dort biegt man auf den Schlußteil ein. Hier wurde es vollends zur Hölle. Ich konnte nicht mehr, wollte nicht mehr, wollte endgültig aufgeben, aber ich hatte mittlerweile 9 sek. Vorsprung auf meine Zielzeit, die konnte ich doch nicht einfach wegwerfen. Ich dachte an den Hochsauerlandlauf, wo ich bei km 7 das Rennen vorschnell aus den Händen gegeben hatte. Aber hier waren es nur lumpige 9 sek. ich mußte das Tempo zwingend so weitergehen. Ich begann zu rechnen. Drei sek. pro km hergeben, 4:33 bis ins Ziel und dann die eine sek. noch irgendwo holen. 4:30 bei km 8. Es war eine Nervenzerreißprobe. Die Zielbrücke war schon zu sehen. Hier gibt niemand mehr auf. Und dann kam diese laaaange Zielkurve, die Brücke fest im Blick, mobilisierte ich nochmal alles, was ich hatte. 4:19, wieder 10 sek mehr Polster zum hergeben. Jetzt nur noch das Tempo so lange wie möglich halten und dann mußte mir der liebe Gott ins Ziel helfen. Die Brücke, sie stand da aber sie kam einfach nicht näher. Es war die Qual schlechthin, aber ich hielt voll dagegen, nach endlos erscheinenden sek. trudelte ich völlig fertig in den Zielraum und konnte mich nur mit Mühe noch auf den Beinen halten.



Erst nach einer ganzen Weile sah ich auf die Uhr. 44:20 - Schlußkilometer 4:10. Geschafft! Doch ... moment mal ... 44:20???? Jawohl, das war ja PB!!!! Drei Sekunden. Ist das denn die Möglichkeit??? Noch kaum zu einem Wort fähig, stand ich plötzlich der wohl bekanntesten deutschen 10 km-Läuferin gegenüber. "Na Mocki, alles klar?" Sie lachte. "Na sischer." :D Ich wechselte noch ein, zwei Sätze mit ihr, bevor die Meute mit ihren Smartphones die Szene übernahm. Beeindruckend, wie geduldig sie sich mit jedem ablichten läßt. Sicher ist das auch ein Grund für ihre enorme Beliebtheit. Authentischer als sie ist, das geht kaum noch.



Mit einem langen Blick auf den herrlichen See genoß ich das erreichte und war einfach nur froh, daß die Zeitenjagd damit für diese Saison beendet ist. Nochmal so etwas ... nein das geht einfach nicht mehr.



EDIT: Tippfehler und sonstigen Unsinn korrigiert. :D




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