Ja also, da hab ich es wieder getan. Warum das? Hat einmal nicht gereicht? Nun, wer den Comrades einmal gelaufen ist, der wird mich verstehen. Es gibt Läufer, die laufen jedes Jahr den Berlin Marathon. Ich gebe zu, wenn ich könnte, ich würde wohl ab nun jedes Jahr den Comrades laufen. Natürlich gibs da ein großes finanzielles Problem und selbst ohne Reiseveranstalter ist das immer noch ein ganz schöner Happen. Also, nein nächstes Jahr bin ich nicht wieder auf der R103 zu finden. Aber mein letzter Comrades war es mit Sicherheit auch nicht.
Letztes Jahr habe ich mir einen Traum erfüllt und die Realität war schöner und umwerfender, als ich es mir je hätte erträumen können. Da stand recht schnell nach dem Zieldurchlauf für mich fest: Das mache ich noch einmal. Da sich jedes Jahr die Richtung der Strecke ändert und der Unterschied zwischen positiven und negativen Höhenmetern doch groß ist, ist das doch schon ein etwas anderer Lauf. Auch nimmt man in anderer Laufrichtung andere Dinge war. Und eine Back-To-Back-Medaille bekommt man nur im darauf folgenden Jahr nach der Premiere. Also musste ich nicht lange überlegen. Außerdem, einmal ist kein mal ;o) Mit dem Reiseveranstalter Werner Otto Sportreisen war ich letztes Jahr sehr zufrieden und so buchte ich für dieses Jahr wieder bei Werner und Matthias.
Nun musste nur noch die Zeit vergehen und ich musste natürlich gesund bleiben. Mit der Gesundheit hatte ich Glück, ich bekam meine erste diesjährige Erkältung direkt nach dem Rennsteiglauf und so hatte ich drei Wochen, diese erfolgreich auszukurieren. Wie es um meine Fitness aussehen würde, da war ich mir weniger sicher. Beim Hamburg Marathon in Topform, am Rennsteig eher schlecht drauf, wusste ich nicht wirklich, ob ich in Durban gut genug vorbereitet im Startblock stehen würde. Das war eine kleine zusätzliche Pralinenschachtel. Zusätzlich, da ein solch langer Ultra immer Überraschungen im Angebot haben kann. Durch die neue Marathon-Bestzeit in Hamburg kam ich dieses Jahr in den Startblock D und hatte somit ein paar Minuten Puffer. Die 12 Stunden Zielschluss beim Comrades gelten für die Bruttozeit. Wer weiter hinten beim Start steht hat ein paar Minuten weniger auf der Strecke übrig. Das kann schon entscheidend sein. Allerdings dauert es auch bei rund 19000 Startern bei weitem nicht so lange, wie in Berlin. Okay, meine Form war ein kleines Fragezeichen, die Strecke zu schaffen sollte schon möglich sein, aber ich hatte eben Brutto nur 12 Stunden dafür. Das macht es eben interessant. Ich verließ mich ganz auf mein Gefühl und meine Erfahrung bei den Trainingsläufen nach dem Rennsteig. Das Ergebnis ist eh bekannt und so kann ich das auch schon jetzt schreiben, ich lag goldrichtig und am Sonntag Morgen hat alles gepasst.
Die Anreise nach Durban war wie die im letzten Jahr. Mit dem Zug nach Frankfurt, dort auf dem Hauptbahnhof noch einmal kräftig was gefuttert in der Kantine und dann zum Flughafen gedüst. Ich war einer der Ersten aber schnell trudelten nach und nach die Läufer aus unserer Reisegruppe ein. Später im Transitbereich traf ich noch einige Bekannte, die mit uns die Reise antreten wollten. Die Ultraläuferwelt ist eben klein. Und fein. In Johannesburg stiegen wir wieder in einen Inlandflieger nach Durban um, wurden dort mit einem Bus abgeholt und waren kurz nach Mittag in unserem Hotel. Eine reibungslose Anreise, das ist doch schon mal eine Bank. So kann es ruhig weiter gehen. Von schönem Wetter wurden wir empfangen und ich genoss das erste Bier in Südafrika auf dem Pooldeck des Hotels. Wir mussten noch etwas warten, bis unsere Zimmer bezugsfertig sind. Das war überhaupt kein Problem. Die Zimmer unterschieden sich doch um einiges von denen im letzten Jahr. Da sind Werner und Matthias einem falschen Rat gefolgt, dass das Hotel besser sein sollte. Also letztes Jahr, die Zimmer diesmal jetzt waren groß und angenehm und alle mit Blick auf die Bucht. Wir trafen auch die Läufer und Angehörigen der Reisegruppe, die schon ein paar Tage in St. Lucia verbrachten und ebenfalls heute nach Durban kamen. Da waren einige liebe Bekannte aus dem letzten Jahr dabei. Darunter Ulrich-Josef, der ebenfalls dieses Jahr seine Back-To-Back-Medaille erlaufen will und das sehr gut schaffen wird. Und Ulli, der dieses Jahr seinen ersten Comrades mit der "Green Number" laufen wird. Schade, er wird es dieses Jahr nicht schaffen :o(. Die grüne Nummer ist ähnlich der grünen Startnummer der Jubilees beim Berlin Marathon und diese Nummer behält man dann ein Leben lang wenn man den Comrades 10 mal gefinisht hat. Übrigens, auf den Startnummern, von denen man zwei erhält und die man beide, vorn und hinten, tragen MUSS, steht die Anzahl der bisherigen Teilnahmen drauf. So sieht man immer, wen man gerade so vor sich hat. Ich kam des Öfteren aus dem Staunen nicht raus. Der Teilnehmer mit den meisten Teilnahmen den ich sah, hatte 37 mal gefinisht!
Am Nachmittag gingen wir gemeinsam zur Marathonmesse, um unsere Startnummern abzuholen. Das war ganz easy. Es gab ein paar Änderungen gegenüber dem Vorjahr. Noch vor dem Betreten der Messehallen wurden die Chips getestet und man konnte anschließend weiter gehen. Das war jetzt nicht wirklich Pflicht, sah aber fast so aus. Anschließend war man gleich in dem Bereich, wo man die Startnummern abholen konnte. Ich staunte nicht schlecht. Noch vor der Messe, gleich am Anfang der Hallen bekam man die Startnummern! Rechts für Einheimische und links für ausländische Starter. Auch die Infoschalter bzw. Trouble Desk waren gleich am Eingang. Das hab ich noch nirgends erlebt und das war auch letztes Jahr noch anders, muss man sonst doch immer durch die komplette Messe latschen, auch wenn man nichts kaufen will. Dennoch sind wir anschließend durch die Hallen geschlendert und haben uns umgesehen. Das Übliche halt, kennt man und ich habe nichts gekauft. Hat aber trotzdem Spaß gemacht. Der Rest des Tages war Freizeit und Abendessen und ins Bett gehen. Mit Berd Dander aus Dresden hatte ich einen äußerst angenehmen Zeitgenossen als Zimmerkumpel für die nächsten Tage. Man kann ja auch mal Glück haben näch ;o)
Am Freitag war wieder die Busfahrt über die Laufstrecke geplant. Hatte ich zwar schon letztes Jahr mitgemacht, dennoch hatte ich Lust, da wieder mit dabei zu sein. Wir fuhren natürlich in Laufrichtung. Der Besuch der Ethembeni School, der Behindertenschule war wieder ergreifend. Die Kinder und Jugendlichen tanzten und sangen für uns. Das hätte von mir aus auch viel länger dauern dürfen. Dieses Jahr hatte ich auch daran gedacht, etwas mitzubringen. Etwa 2 Kilo Süßigkeiten hatte ich dabei. Brian Swart, der Organisator dieser Tour sagte, 1 Dollar ist nicht viel Geld (für uns Läufer, die einige Tausend Dollar oder Euro für die Reise ausgeben), kann aber ein behindertes Kind über längere Zeit finanzieren. Für die Kinder dort ist der Comrades gleichbedeutend wie Weihnachten. Am Sonntag werden sie an der Strecke stehen und sitzen und uns anfeuern und die Hände zum Abklatschen entgegen strecken :o) Wir fuhren weiter nach Pietermaritzburg und besuchten das Zielstadion. Da konnten wir uns schon mal warmlaufen und Fotos machen. Anschließend ging es zum Comrades-Museum. 96 Jahre Comrades tragen so einiges zusammen. Viel zu wenig Zeit hatten wir mal wieder. Die Diskrepanz zwischen den Jahren (der erste Comrades wurde 1921 ausgetragen) und der Anzahl der Läufe kommt daher, da während des zweiten Weltkrieges kein Lauf statt fand. Wo ich bei Weltkrieg bin. Der erste Comrades wurde in Gedenken an die gefallenen Kameraden (Comrades = Kameraden) im ersten Weltkrieg ausgetragen. Genaueres kann man bei Bedarf bei Wiki nachlesen ;o) Nach dem Besuch des Museums fuhren wir die Autobahn zurück nach Durban.
Es war noch einiges an Zeit und die nutzten Bernd und ich zu einem Läufchen auf der Strandpromenade. Ich begnügte mich mit guten 4 Kilometern, Bernd rannte noch etwas weiter in die andere Richtung und kam auf 12 Kilometer. Anschließend hoppsten wir auch noch ins Meer. Einmal im Indischen Ozean baden war ja mal Pflicht. Abends fand die Nudelparty, vom Reiseveranstalter organisiert, beim Italiener im Freizeitpark "uShaka" statt. Lecker und ein schöner Abend war es. Warum schon am Freitag? Sonntag müssen wir sehr früh aufstehen, Start ist 5:30 Uhr, als hat man Abends vorher nicht die Ruhe, um es sich noch länger gut gehen zu lassen. Am Freitag Abend aber schon.
Samstag war Freizeit und jeder konnte tun und lassen was er will. Bernd und ich, wir wollten zum WM-Fußballstadion gehen und auf die Aussichtsplatform hoch fahren. Kann man auch hoch klettern, ein paar hundert Stufen. Aber das ist nichts für einen Tag vor dem Comrades *hihi*. Wir haben den Tag schön rum getrödelt und dann schlenderten wir los. Ich hatte allerdings vor, nur eine Strecke zu gehen, sind doch rund 4 Kilometer Fußweg bis dahin. Wir ließen uns viel Zeit, es war sehr schönes Wetter und wir hatten auch keine Eile. Vorher wollten wir aber noch einmal zur Läufermesse, denn dort konnte man schon am Vortag seinen Beutel mit den Wechselsachen fürs Ziel abgeben. Das wurde uns auch dringend angeraten, denn dann war das erledigt und vor dem Start hatte meine eine Sorge weniger. So schlenderten für vorher noch ein Stück durch Durban, kamen am Rathaus, vor dem der Start erfolgen sollte vorbei und machten somit einen kleinen aber hübschen Umweg zur Messe. Der Umweg beinhaltete auch einen schönen Wochenmarkt und durch eine Mall wackelten wir auch. Teils schon etwas europäisch angehaucht aber viel afrikanische Kultur war noch enthalten. Wir luden dann unsere Beutel ab und gingen zum Stadion. Als wir dort waren, kamen uns Sonja und Martin entgegen und teilten uns die traurige Nachricht mit, dass die Aussichtsplattform geschlossen sei. Wegen Wartungsarbeiten. *soiftz* Nun, wir tranken einen Kaffee in einem kubanisch angehauchtem Café, mit großem Che Guevara-Bildnis hinter der Theke. Und ein Eis gab es noch obendrauf. Auf dem Rückweg vom Stadion fand ich allerdings die Bushaltestelle nicht mehr, an der ich ich letztes Jahr ausgestiegen bin. Also latschten wir wieder zu Fuß zurück. Und entfernten uns erst einmal vom Strand. Das brachte nicht nur Mehrweg mit sich, es wurde auch dunkel und da wollten wir lieber in der Nähe der Strandpromenade sein. Die Kriminalität ist abseits der gut überwachten Touristenzentren doch sehr hoch und wir wurden dringend davor gewarnt, bei Dunkelheit durch die Straßen der Stadt zu ziehen. Leider wurden zwei Läufer aus unserer Reisegruppe in der Tat ausgeraubt. Nicht komplett, aber Kamera weg und einiges mehr, ich hab aber so genau dann auch nicht nachgefragt. Manches will man nicht wissen ;o) Wir kamen aber heile wieder im Hotel an. Dort gab es im Restaurant auch ein reichhaltiges Bufett und wir stopften uns die Plautze voll. Bernd war das am Ende auch etwas zuviel Gelatsche an diesem Tag. Aber auch er lief ein gutes Rennen am nächsten Tag. Ach wat sag ich, er lief phantastisch und kam in 8:26 ins Ziel. Und er war zurecht sehr stolz darauf, dass er sämtliche Anstiege durchgelaufen ist.
So nun aber, es kam der Tag der Tage!
Frühes Aufstehen war natürlich angesagt. Bernd war wir immer vor mir aus den Federn, er ist ein Frühaufsteher. Aber ein sehr rücksichtsvoller, nicht einmal wurde ich von seinem Gewusel wach die Tage. Alle Sachen hatten wir am Vorabend bereit gelegt. Das erspart Stress und eventuelle Sucherei am Morgen. Daher waren wir rasch fertig mit den Vorbereitungen. Also schon mal runter fahren zum Frühstücken. Die Tage vorher hatten wir schon herausgefunden, dass es beim Frühstück leckeres heißes Porridge gibt. Für Läufer wie uns, die mit Haferflocken etc. auf die Strecke gehen können, ein wunderbares Frühstück. Genügend frisches Obst drauf und das halbe Frühstück ist fertig. Dann noch ein paar Toastbrote mit Marmelade und es fehlt an nichts. Jede Menge Leute waren um diese Zeit beim Frühstück, ich denke das Hotel beherbergte ausschließlich Comrades-Läufer und deren Angehörige. Eine wunderbare Stimmung überall. Das ist schon mal eine tolle Einstimmung. Satt flitzten wir wieder aufs Zimmer. Ich versuchte noch, ein Geschäft zu erledigen, was wider Erwarten sogar funktionierte. Sollte aber nicht reichen. Dann waren wir fertig und konnten uns in die Lobby begeben. Es war übrigens angenehm warm und man benötigte keinerlei Sachen zum Überziehen vor dem Start. Auch nicht die beliebte Mülltüte. Diese hätte man dieses Jahr aber nur bis zum Eingang der Startblöcke anhaben dürfen. Es wurde in der Ausschreibung verboten, diese mit hinein zu nehmen. Zuviele Läufer werfen die Tüten einfach auf den Boden und das ist eine üble Stolperfalle für nachfolgende Läufer. Ich hab aber auch das Gegenteil gesehen. Eine Läuferin futterte ihre Banane im Startblock auf. Und machte sich extra auf den Weg zum Rand, damit sie die Schalen nicht unter sich lassen musste. Ah, ich hab mich im Thema schon zu weit vorgewagt...
Wir waren ja noch im Hotel. Den ersten Lift mussten wir fahren lassen, da passte auch der schmalste Läufer nicht mehr mit hinein. Wir wollten uns schon mit dem Gedanken anfreunden, uns aus der 14. Etage die Treppe hinab zu begeben. Aber im nächsten Lift fanden wir genügend Platz. In der Lobby sammelten wir uns. Also wir aus der Reisegruppe. Der Fußweg zum Start war keine 2 Kilometer weit und so gab es überhaupt keine Eile. Auch hatten bereits alle ihre Beutel mit den Wechselsachen abgegeben. Dadurch war alles ganz entspannt und wir gingen dann gemütlich Richtung Start. Die Vorfreude steigerte sich derweil! Natürlich waren wir nicht die Einzigen. Jede Menge andere Läufer vor, neben und hinter uns. Alle so gut gelaunt. Wie sollte es auch anders sein?! Und es wurden immer mehr. Und schwubbs waren wir schon da. Wir verabschiedeten uns und jeder suchte seinen Startblock auf. Fotos und Selfies machen und schauen was hier so los ist. Ich genoss das wieder wie nur was. Dadurch, dass es noch Dunkel war und nur die Straßenbeleuchtung uns erhellte, war das schon eine schummrige und tolle Stimmung. Ich bin dann auch in meinen Startblock, die Buchstaben auf den Startnummern wurden gut kontrolliert, und fühlte mich pudelwohl. So hab ich mir das wieder gewünscht, so sollte es sein, mein zweiter Comrades steht kurz bevor!
Der Sprecher heizte die Menge ein und die Stimmung an. Dann wurde die südafrikanische Nationalhymne gespielt. Ich finde die schön und die meisten meiner Mitstarter sangen mit. So laut, dass ich es von überall hörte und nicht mehr aus den Lautsprechern. Schwarze wie weiße sangen gemeinsam. Sie alle sind stolze Südafrikaner. Sicher sind die Folgen der Apartheid noch lange nicht überwunden aber es geht voran. Ich finde das toll. Anschließend wurde das Lied "Shosholoza" gespielt. Das traditionelles Bergarbeiterlied was in etwa bedeutet: Mutig nach vorn schauen oder Wir greifen an. Es ist seit vielen Jahren auch die Hymne des Comrades. Textsicher, wie ich war, sang ich es mit und filmte die Stimmung auch mit der Kamera. Und dann spielten die Bekloppten, wie schon letztes Jahr, Vangelis vor dem Start und da liefen mir wieder die Tränen. Das war einfach zu ergreifend! Jau und dann kam der Hahnenschrei von Max Trimborn, inoffizieller Startschuss und dann der richtige Kanonenknall als Start. Und es ging los!
Vorlatschen bis zur Startlinie aber das ging schon recht flott. Und dort gleich lostraben und nach ein paar hundert Metern konnte ich mein gewünschtes Tempo schon laufen. Obwohl alles noch dicht bei dicht war lief es sich prima. Das fängt ja gut an und so kann es weiter gehen. Eilig hatte ich es sowieso nicht bei der Strecke die noch vor mir liegt. Die wird nicht auf den ersten Kilometern gewonnen. Zu Beginn ging es noch recht eben durch die City von Durban, gemütliches Einlaufen, aber es dauerte nicht lange und dann ging es aufwärts. Gute zwei Kilometer und dann hatten wir den Salat. Auf dem Highway, der uns fortan immer wieder begleiten wird ging es bergan. Nicht zu steil zwar aber es galt, die Kräfte einzuteilen. Ich lief immer ein Stück, dann ging ich und dann hoppelte ich wieder. Ohne Tempokontrolle und Pulsmesser hab ich eh nicht dabei. Also ganz nach Gefühl. Und das fühlte sich gut an und ich fühlte mich wohl. Was auf mich zukommen würde, das war mir bewusst, direkt überraschen konnte mich da aber nichts. Das ist nicht immer gut, manchmal finde ich es schön, wenn ich nicht weiß was auf mich zukommt, hier wo die Zielzeit doch etwas knapp werden kann, ist das schon besser so.
Es war immer noch stockduster, also vom Himmel her, es gab noch die Straßenbeleuchtung und Stirnlampen brauchte niemand *g* und es lief und lief. Es war angenehm warm und wie erwartet, fing ich schon ganz gut an zu schwitzen. Wir kamen zum ersten Verpflegunspunkt, der natürlich jetzt nur ein Getränkepunkt war. Ich trank etwas Wasser und dank der Beutelchen ging das wunderbar. Gleich mal erwähnen. Beim Comrades und wohl auch bei einigen anderen Läufen in Südafrika wird das Wasser in 100-ml-Plastikbeutelchen ausgegeben. So auch das Isogetränk "Energade". Das hat sicher abfall- und umwelttechnische Nachteile (Plastebecher haben das aber auch :P) aber viele Vorteile für Läufer und Veranstalter. Die Beutel können tonnenweiese in LKWs an die VPs geliefert werden. Sie können in Plastewannen mit Eiswürfeln gekühlt und ohne dass etwas rumschwappt von den Helfern an die Läufer ausgeteilt werden. Und als Läufer macht sich das auch gut. Erst einmal die Beutel greifen. Wenn man mag, soviele wie man in Händen Tragen kann. Später, wenn es warm wird ist das nicht unwichtig! Und dann eine Ecke vom Beutelchen mit den Zähnen aufreißen, in den Mund drücken und trinken. Oder über den Kopf spritzen oder über das Shirt oder wie auch immer. Natürlich liegen dann die leeren Plastebeutelchen zu tausenden auf der Straße rum und manche sind nicht leer. Drauf getreten und schon spritzt man den eigenen Fuß oder andere voll. Es gibt schlimmeres. Coca Cola allerdings wird in Pappbechern ausgeschenkt. An einigen VPs gibt s auch Fanta, aber damit hatte ich im letzten Jahr schlechte Erfahrung. Vom Geschmack her.
So langsam dämmerte es und es kündigte sich der Sonnenaufgang an. Letztes Jahr war dieser richtig schön und wir liefen auf ihn drauf zu. Dieses Jahr musste ich mich umdrehen und schauen, wann es sich denn lohnt ein paar Fotos davon zu machen. Lohnte sich nicht, da waren noch einige Wolken am Horizont, die das vermiesten. Aber nicht meine Laune. Die gute Laune wurde natürlich auch auch von meinem gut funktionierenden Körper unterstützt. Ich fühlte mit topfit und pudelwohl. Die Beine waren locker und gut drauf, da gab es nirgends etwas zu meckern. Habe ich in der Vorbereitung mal wieder alles richtig gemacht. Es ging ja weiterhin größtenteils aufwärts, von kleinen Abschnitten unterbrochen, an denen es wieder etwas hinunter ging. Das sollte sich bis etwa Kilometer 30 nicht groß ändern. Durch die vielen Gehpassagen war das an sich nicht groß anstrengend. Viele Anstiege gehe ich lieber, ich bin halt ein langsamer Ultraläufer. Hin und wieder verfalle ich in den Laufschritt für ein paar Dutzend Meter. Da komme ich einerseits etwas voran und andererseits bringt das Abwechslung in den Bewegungsablauf. Zu lange gehen das nervt schon etwas und das Wiederanlaufen fällt auch um so schwerer, je länger man geht.
Ja Sonnenaufgang war nix hinter mir aber es war schon schön, dass es heller wurde. Der Fotos wegen. Und es wurden auch mehr Zuschauer an der Strecke. Und sie wurden munterer. Ist ja auch nicht gerade unwichtig. Letztes Jahr hatte ich gelernt, dass die Zuschauer an der Strecke hin und wieder auch animiert werden müssen. Dann geht aber die Post ab. Oder man hält die Kamera hin, dann werfen sie sich sofort in Pose. Die Südafrikaner sind schon ein tolles Völkchen. Wurscht ob schwarz oder weiß. Und es lief sich schön weiter. Wir wechselten von der Autobahn auf den King Cetshwayo Highway und der führte uns durch feinere Wohngegenden. Auch dies hier ein Unterschied zu letztem Jahr. Da waren wir recht flott aus Pietermaritzburg raus und "auf dem Land" und viele Klamottensammler säumten die Straße. Man kennt das ja auch von diversen Läufen in Deutschland, wenn es vor dem Start kühl ist, zieht man sich ein altes Baumwollshirt oder was anderes Wärmendes über und wirft das vor oder nach dem Start an die Seite. Diese werden dann eingesammelt und Hilfsorganisationen zugeführt. So ähnlich auch beim Comrades nur nimmt man die Sachen dann auf die Strecke mit und wirft sie an den Rand oder gibt sie den Sammlern gleich in die Hand. Die verticken das dann auf Märkten und bekommen auf die Art ein kleines Zubrot. Gibt eben doch noch viel Armut in Südafrika. Dieses Jahr war das eben doch anders. Zum einen war es bedeutend wärmer vor dem Start und eben liefen wir noch längere Zeit durch bessere Gegenden. Diese erkennt man auch dadurch, dass die Siedlungen entlang der Straße mit hohen Mauern nebst Spannungsdrähten umzäunt waren. Und überall Schilder vom jeweiligen Wachschutz, der die Siedlung "betreut". Also gab es kaum Klamottensammler. Aber immer mehr Zuschauer, die schon munter und gut gelaunt waren.
Wir liefen durch Westwille und weiter ging es hinauf, Gehen und Laufen wechselte sich ab und ich hatte Freude daran. Und wir kamen nach Pinetown, einer Industrievorstadt von Durban. Hier hatten wir etwas Erholung von den Anstiegen bisher. Knapp die Hälfte der Anstiege zu Beginn hatten wir bis hier geschafft und wir waren auf einem Niveau von fast 400 Meter über NN. Zur Belohnung ging es sogar etwas hinab und dann ein paar hundert Meter recht eben. Und jede Menge Stimmung an der Straße. Das war richtig schön zum Genießen. Leider gab es hier auch eine kleine Umleitung dank Baumaßnahmen auf der Hauptstraße. Dadurch verlängerte sich die Gesamtstrecke um etwa 700 Meter. Das wirkte sich aber nicht auf die Zielschlusszeit aus. Die paar Minuten musste man dann extra heraus laufen. Läufer bei denen es knapp werden würde, konnte das schon in Schwierigkeiten bringen. Dazu hab ich ja schon zu Beginn einiges geschrieben. Nachdem wir aus Pinetown raus waren liefen wir wieder durch bessere Wohngebiete und gewannen weitere Höhenmeter. Bis wir den zweiten von den Big Five absolvierten: Fields Hill. Der finale Anstieg hatte es dann doch ganz schön in sich und war recht steil. Auch wenn ich das vom letzten Jahr her kannte, anders herum läuft es sich an der Stelle doch einfacher *hihi*
Es wurde ein Stück etwas leichter und schön belaufbar, wir liefen wieder ein gutes Stück auf der Autobahn, bis wir diese für den Rest der Strecke verließen. Wir näherten uns Hillcrest. Nicht nur, dass es wieder eine recht feine Wohngegend war. Das sieht man nicht nur an den eingezäunten Vierteln, auch der Anteil weißer Zuschauer war wieder höher. Die Stimmung war auch hier wunderbar. Was ich auch wunderbar fand, war die Tatsache, dass ich bereits über 30 Kilometer hinter mir hatte und ich mich dabei weiterhin richtig gut fühlte. Durch die fielen Gehpassagen hatte ich zwar eine Menge Zeit verloren, aber das war alles noch vollkommen im Rahmen, da machte ich mir keine Sorgen. Ich hatte auch das tolle Gefühl, dass ich auch den Rest der Strecke problemlos bewältigen werden würde. Das klingt jetzt schon komisch?. Wie kann man bei solch einer Strecke bereits nach einem Drittel wissen, dass der Rest auch gut laufen wird? Keine Ahnung und trotz der Tatsache, dass durchaus immer was passieren kann, war ich mir da bereits sicher. Und das gab meiner guten Laune natürlich weiteren Schwung.
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Letztes Jahr habe ich mir einen Traum erfüllt und die Realität war schöner und umwerfender, als ich es mir je hätte erträumen können. Da stand recht schnell nach dem Zieldurchlauf für mich fest: Das mache ich noch einmal. Da sich jedes Jahr die Richtung der Strecke ändert und der Unterschied zwischen positiven und negativen Höhenmetern doch groß ist, ist das doch schon ein etwas anderer Lauf. Auch nimmt man in anderer Laufrichtung andere Dinge war. Und eine Back-To-Back-Medaille bekommt man nur im darauf folgenden Jahr nach der Premiere. Also musste ich nicht lange überlegen. Außerdem, einmal ist kein mal ;o) Mit dem Reiseveranstalter Werner Otto Sportreisen war ich letztes Jahr sehr zufrieden und so buchte ich für dieses Jahr wieder bei Werner und Matthias.
Nun musste nur noch die Zeit vergehen und ich musste natürlich gesund bleiben. Mit der Gesundheit hatte ich Glück, ich bekam meine erste diesjährige Erkältung direkt nach dem Rennsteiglauf und so hatte ich drei Wochen, diese erfolgreich auszukurieren. Wie es um meine Fitness aussehen würde, da war ich mir weniger sicher. Beim Hamburg Marathon in Topform, am Rennsteig eher schlecht drauf, wusste ich nicht wirklich, ob ich in Durban gut genug vorbereitet im Startblock stehen würde. Das war eine kleine zusätzliche Pralinenschachtel. Zusätzlich, da ein solch langer Ultra immer Überraschungen im Angebot haben kann. Durch die neue Marathon-Bestzeit in Hamburg kam ich dieses Jahr in den Startblock D und hatte somit ein paar Minuten Puffer. Die 12 Stunden Zielschluss beim Comrades gelten für die Bruttozeit. Wer weiter hinten beim Start steht hat ein paar Minuten weniger auf der Strecke übrig. Das kann schon entscheidend sein. Allerdings dauert es auch bei rund 19000 Startern bei weitem nicht so lange, wie in Berlin. Okay, meine Form war ein kleines Fragezeichen, die Strecke zu schaffen sollte schon möglich sein, aber ich hatte eben Brutto nur 12 Stunden dafür. Das macht es eben interessant. Ich verließ mich ganz auf mein Gefühl und meine Erfahrung bei den Trainingsläufen nach dem Rennsteig. Das Ergebnis ist eh bekannt und so kann ich das auch schon jetzt schreiben, ich lag goldrichtig und am Sonntag Morgen hat alles gepasst.
Die Anreise nach Durban war wie die im letzten Jahr. Mit dem Zug nach Frankfurt, dort auf dem Hauptbahnhof noch einmal kräftig was gefuttert in der Kantine und dann zum Flughafen gedüst. Ich war einer der Ersten aber schnell trudelten nach und nach die Läufer aus unserer Reisegruppe ein. Später im Transitbereich traf ich noch einige Bekannte, die mit uns die Reise antreten wollten. Die Ultraläuferwelt ist eben klein. Und fein. In Johannesburg stiegen wir wieder in einen Inlandflieger nach Durban um, wurden dort mit einem Bus abgeholt und waren kurz nach Mittag in unserem Hotel. Eine reibungslose Anreise, das ist doch schon mal eine Bank. So kann es ruhig weiter gehen. Von schönem Wetter wurden wir empfangen und ich genoss das erste Bier in Südafrika auf dem Pooldeck des Hotels. Wir mussten noch etwas warten, bis unsere Zimmer bezugsfertig sind. Das war überhaupt kein Problem. Die Zimmer unterschieden sich doch um einiges von denen im letzten Jahr. Da sind Werner und Matthias einem falschen Rat gefolgt, dass das Hotel besser sein sollte. Also letztes Jahr, die Zimmer diesmal jetzt waren groß und angenehm und alle mit Blick auf die Bucht. Wir trafen auch die Läufer und Angehörigen der Reisegruppe, die schon ein paar Tage in St. Lucia verbrachten und ebenfalls heute nach Durban kamen. Da waren einige liebe Bekannte aus dem letzten Jahr dabei. Darunter Ulrich-Josef, der ebenfalls dieses Jahr seine Back-To-Back-Medaille erlaufen will und das sehr gut schaffen wird. Und Ulli, der dieses Jahr seinen ersten Comrades mit der "Green Number" laufen wird. Schade, er wird es dieses Jahr nicht schaffen :o(. Die grüne Nummer ist ähnlich der grünen Startnummer der Jubilees beim Berlin Marathon und diese Nummer behält man dann ein Leben lang wenn man den Comrades 10 mal gefinisht hat. Übrigens, auf den Startnummern, von denen man zwei erhält und die man beide, vorn und hinten, tragen MUSS, steht die Anzahl der bisherigen Teilnahmen drauf. So sieht man immer, wen man gerade so vor sich hat. Ich kam des Öfteren aus dem Staunen nicht raus. Der Teilnehmer mit den meisten Teilnahmen den ich sah, hatte 37 mal gefinisht!
Am Nachmittag gingen wir gemeinsam zur Marathonmesse, um unsere Startnummern abzuholen. Das war ganz easy. Es gab ein paar Änderungen gegenüber dem Vorjahr. Noch vor dem Betreten der Messehallen wurden die Chips getestet und man konnte anschließend weiter gehen. Das war jetzt nicht wirklich Pflicht, sah aber fast so aus. Anschließend war man gleich in dem Bereich, wo man die Startnummern abholen konnte. Ich staunte nicht schlecht. Noch vor der Messe, gleich am Anfang der Hallen bekam man die Startnummern! Rechts für Einheimische und links für ausländische Starter. Auch die Infoschalter bzw. Trouble Desk waren gleich am Eingang. Das hab ich noch nirgends erlebt und das war auch letztes Jahr noch anders, muss man sonst doch immer durch die komplette Messe latschen, auch wenn man nichts kaufen will. Dennoch sind wir anschließend durch die Hallen geschlendert und haben uns umgesehen. Das Übliche halt, kennt man und ich habe nichts gekauft. Hat aber trotzdem Spaß gemacht. Der Rest des Tages war Freizeit und Abendessen und ins Bett gehen. Mit Berd Dander aus Dresden hatte ich einen äußerst angenehmen Zeitgenossen als Zimmerkumpel für die nächsten Tage. Man kann ja auch mal Glück haben näch ;o)
Am Freitag war wieder die Busfahrt über die Laufstrecke geplant. Hatte ich zwar schon letztes Jahr mitgemacht, dennoch hatte ich Lust, da wieder mit dabei zu sein. Wir fuhren natürlich in Laufrichtung. Der Besuch der Ethembeni School, der Behindertenschule war wieder ergreifend. Die Kinder und Jugendlichen tanzten und sangen für uns. Das hätte von mir aus auch viel länger dauern dürfen. Dieses Jahr hatte ich auch daran gedacht, etwas mitzubringen. Etwa 2 Kilo Süßigkeiten hatte ich dabei. Brian Swart, der Organisator dieser Tour sagte, 1 Dollar ist nicht viel Geld (für uns Läufer, die einige Tausend Dollar oder Euro für die Reise ausgeben), kann aber ein behindertes Kind über längere Zeit finanzieren. Für die Kinder dort ist der Comrades gleichbedeutend wie Weihnachten. Am Sonntag werden sie an der Strecke stehen und sitzen und uns anfeuern und die Hände zum Abklatschen entgegen strecken :o) Wir fuhren weiter nach Pietermaritzburg und besuchten das Zielstadion. Da konnten wir uns schon mal warmlaufen und Fotos machen. Anschließend ging es zum Comrades-Museum. 96 Jahre Comrades tragen so einiges zusammen. Viel zu wenig Zeit hatten wir mal wieder. Die Diskrepanz zwischen den Jahren (der erste Comrades wurde 1921 ausgetragen) und der Anzahl der Läufe kommt daher, da während des zweiten Weltkrieges kein Lauf statt fand. Wo ich bei Weltkrieg bin. Der erste Comrades wurde in Gedenken an die gefallenen Kameraden (Comrades = Kameraden) im ersten Weltkrieg ausgetragen. Genaueres kann man bei Bedarf bei Wiki nachlesen ;o) Nach dem Besuch des Museums fuhren wir die Autobahn zurück nach Durban.
Es war noch einiges an Zeit und die nutzten Bernd und ich zu einem Läufchen auf der Strandpromenade. Ich begnügte mich mit guten 4 Kilometern, Bernd rannte noch etwas weiter in die andere Richtung und kam auf 12 Kilometer. Anschließend hoppsten wir auch noch ins Meer. Einmal im Indischen Ozean baden war ja mal Pflicht. Abends fand die Nudelparty, vom Reiseveranstalter organisiert, beim Italiener im Freizeitpark "uShaka" statt. Lecker und ein schöner Abend war es. Warum schon am Freitag? Sonntag müssen wir sehr früh aufstehen, Start ist 5:30 Uhr, als hat man Abends vorher nicht die Ruhe, um es sich noch länger gut gehen zu lassen. Am Freitag Abend aber schon.
Samstag war Freizeit und jeder konnte tun und lassen was er will. Bernd und ich, wir wollten zum WM-Fußballstadion gehen und auf die Aussichtsplatform hoch fahren. Kann man auch hoch klettern, ein paar hundert Stufen. Aber das ist nichts für einen Tag vor dem Comrades *hihi*. Wir haben den Tag schön rum getrödelt und dann schlenderten wir los. Ich hatte allerdings vor, nur eine Strecke zu gehen, sind doch rund 4 Kilometer Fußweg bis dahin. Wir ließen uns viel Zeit, es war sehr schönes Wetter und wir hatten auch keine Eile. Vorher wollten wir aber noch einmal zur Läufermesse, denn dort konnte man schon am Vortag seinen Beutel mit den Wechselsachen fürs Ziel abgeben. Das wurde uns auch dringend angeraten, denn dann war das erledigt und vor dem Start hatte meine eine Sorge weniger. So schlenderten für vorher noch ein Stück durch Durban, kamen am Rathaus, vor dem der Start erfolgen sollte vorbei und machten somit einen kleinen aber hübschen Umweg zur Messe. Der Umweg beinhaltete auch einen schönen Wochenmarkt und durch eine Mall wackelten wir auch. Teils schon etwas europäisch angehaucht aber viel afrikanische Kultur war noch enthalten. Wir luden dann unsere Beutel ab und gingen zum Stadion. Als wir dort waren, kamen uns Sonja und Martin entgegen und teilten uns die traurige Nachricht mit, dass die Aussichtsplattform geschlossen sei. Wegen Wartungsarbeiten. *soiftz* Nun, wir tranken einen Kaffee in einem kubanisch angehauchtem Café, mit großem Che Guevara-Bildnis hinter der Theke. Und ein Eis gab es noch obendrauf. Auf dem Rückweg vom Stadion fand ich allerdings die Bushaltestelle nicht mehr, an der ich ich letztes Jahr ausgestiegen bin. Also latschten wir wieder zu Fuß zurück. Und entfernten uns erst einmal vom Strand. Das brachte nicht nur Mehrweg mit sich, es wurde auch dunkel und da wollten wir lieber in der Nähe der Strandpromenade sein. Die Kriminalität ist abseits der gut überwachten Touristenzentren doch sehr hoch und wir wurden dringend davor gewarnt, bei Dunkelheit durch die Straßen der Stadt zu ziehen. Leider wurden zwei Läufer aus unserer Reisegruppe in der Tat ausgeraubt. Nicht komplett, aber Kamera weg und einiges mehr, ich hab aber so genau dann auch nicht nachgefragt. Manches will man nicht wissen ;o) Wir kamen aber heile wieder im Hotel an. Dort gab es im Restaurant auch ein reichhaltiges Bufett und wir stopften uns die Plautze voll. Bernd war das am Ende auch etwas zuviel Gelatsche an diesem Tag. Aber auch er lief ein gutes Rennen am nächsten Tag. Ach wat sag ich, er lief phantastisch und kam in 8:26 ins Ziel. Und er war zurecht sehr stolz darauf, dass er sämtliche Anstiege durchgelaufen ist.
So nun aber, es kam der Tag der Tage!
Frühes Aufstehen war natürlich angesagt. Bernd war wir immer vor mir aus den Federn, er ist ein Frühaufsteher. Aber ein sehr rücksichtsvoller, nicht einmal wurde ich von seinem Gewusel wach die Tage. Alle Sachen hatten wir am Vorabend bereit gelegt. Das erspart Stress und eventuelle Sucherei am Morgen. Daher waren wir rasch fertig mit den Vorbereitungen. Also schon mal runter fahren zum Frühstücken. Die Tage vorher hatten wir schon herausgefunden, dass es beim Frühstück leckeres heißes Porridge gibt. Für Läufer wie uns, die mit Haferflocken etc. auf die Strecke gehen können, ein wunderbares Frühstück. Genügend frisches Obst drauf und das halbe Frühstück ist fertig. Dann noch ein paar Toastbrote mit Marmelade und es fehlt an nichts. Jede Menge Leute waren um diese Zeit beim Frühstück, ich denke das Hotel beherbergte ausschließlich Comrades-Läufer und deren Angehörige. Eine wunderbare Stimmung überall. Das ist schon mal eine tolle Einstimmung. Satt flitzten wir wieder aufs Zimmer. Ich versuchte noch, ein Geschäft zu erledigen, was wider Erwarten sogar funktionierte. Sollte aber nicht reichen. Dann waren wir fertig und konnten uns in die Lobby begeben. Es war übrigens angenehm warm und man benötigte keinerlei Sachen zum Überziehen vor dem Start. Auch nicht die beliebte Mülltüte. Diese hätte man dieses Jahr aber nur bis zum Eingang der Startblöcke anhaben dürfen. Es wurde in der Ausschreibung verboten, diese mit hinein zu nehmen. Zuviele Läufer werfen die Tüten einfach auf den Boden und das ist eine üble Stolperfalle für nachfolgende Läufer. Ich hab aber auch das Gegenteil gesehen. Eine Läuferin futterte ihre Banane im Startblock auf. Und machte sich extra auf den Weg zum Rand, damit sie die Schalen nicht unter sich lassen musste. Ah, ich hab mich im Thema schon zu weit vorgewagt...
Wir waren ja noch im Hotel. Den ersten Lift mussten wir fahren lassen, da passte auch der schmalste Läufer nicht mehr mit hinein. Wir wollten uns schon mit dem Gedanken anfreunden, uns aus der 14. Etage die Treppe hinab zu begeben. Aber im nächsten Lift fanden wir genügend Platz. In der Lobby sammelten wir uns. Also wir aus der Reisegruppe. Der Fußweg zum Start war keine 2 Kilometer weit und so gab es überhaupt keine Eile. Auch hatten bereits alle ihre Beutel mit den Wechselsachen abgegeben. Dadurch war alles ganz entspannt und wir gingen dann gemütlich Richtung Start. Die Vorfreude steigerte sich derweil! Natürlich waren wir nicht die Einzigen. Jede Menge andere Läufer vor, neben und hinter uns. Alle so gut gelaunt. Wie sollte es auch anders sein?! Und es wurden immer mehr. Und schwubbs waren wir schon da. Wir verabschiedeten uns und jeder suchte seinen Startblock auf. Fotos und Selfies machen und schauen was hier so los ist. Ich genoss das wieder wie nur was. Dadurch, dass es noch Dunkel war und nur die Straßenbeleuchtung uns erhellte, war das schon eine schummrige und tolle Stimmung. Ich bin dann auch in meinen Startblock, die Buchstaben auf den Startnummern wurden gut kontrolliert, und fühlte mich pudelwohl. So hab ich mir das wieder gewünscht, so sollte es sein, mein zweiter Comrades steht kurz bevor!
Der Sprecher heizte die Menge ein und die Stimmung an. Dann wurde die südafrikanische Nationalhymne gespielt. Ich finde die schön und die meisten meiner Mitstarter sangen mit. So laut, dass ich es von überall hörte und nicht mehr aus den Lautsprechern. Schwarze wie weiße sangen gemeinsam. Sie alle sind stolze Südafrikaner. Sicher sind die Folgen der Apartheid noch lange nicht überwunden aber es geht voran. Ich finde das toll. Anschließend wurde das Lied "Shosholoza" gespielt. Das traditionelles Bergarbeiterlied was in etwa bedeutet: Mutig nach vorn schauen oder Wir greifen an. Es ist seit vielen Jahren auch die Hymne des Comrades. Textsicher, wie ich war, sang ich es mit und filmte die Stimmung auch mit der Kamera. Und dann spielten die Bekloppten, wie schon letztes Jahr, Vangelis vor dem Start und da liefen mir wieder die Tränen. Das war einfach zu ergreifend! Jau und dann kam der Hahnenschrei von Max Trimborn, inoffizieller Startschuss und dann der richtige Kanonenknall als Start. Und es ging los!
Vorlatschen bis zur Startlinie aber das ging schon recht flott. Und dort gleich lostraben und nach ein paar hundert Metern konnte ich mein gewünschtes Tempo schon laufen. Obwohl alles noch dicht bei dicht war lief es sich prima. Das fängt ja gut an und so kann es weiter gehen. Eilig hatte ich es sowieso nicht bei der Strecke die noch vor mir liegt. Die wird nicht auf den ersten Kilometern gewonnen. Zu Beginn ging es noch recht eben durch die City von Durban, gemütliches Einlaufen, aber es dauerte nicht lange und dann ging es aufwärts. Gute zwei Kilometer und dann hatten wir den Salat. Auf dem Highway, der uns fortan immer wieder begleiten wird ging es bergan. Nicht zu steil zwar aber es galt, die Kräfte einzuteilen. Ich lief immer ein Stück, dann ging ich und dann hoppelte ich wieder. Ohne Tempokontrolle und Pulsmesser hab ich eh nicht dabei. Also ganz nach Gefühl. Und das fühlte sich gut an und ich fühlte mich wohl. Was auf mich zukommen würde, das war mir bewusst, direkt überraschen konnte mich da aber nichts. Das ist nicht immer gut, manchmal finde ich es schön, wenn ich nicht weiß was auf mich zukommt, hier wo die Zielzeit doch etwas knapp werden kann, ist das schon besser so.
Es war immer noch stockduster, also vom Himmel her, es gab noch die Straßenbeleuchtung und Stirnlampen brauchte niemand *g* und es lief und lief. Es war angenehm warm und wie erwartet, fing ich schon ganz gut an zu schwitzen. Wir kamen zum ersten Verpflegunspunkt, der natürlich jetzt nur ein Getränkepunkt war. Ich trank etwas Wasser und dank der Beutelchen ging das wunderbar. Gleich mal erwähnen. Beim Comrades und wohl auch bei einigen anderen Läufen in Südafrika wird das Wasser in 100-ml-Plastikbeutelchen ausgegeben. So auch das Isogetränk "Energade". Das hat sicher abfall- und umwelttechnische Nachteile (Plastebecher haben das aber auch :P) aber viele Vorteile für Läufer und Veranstalter. Die Beutel können tonnenweiese in LKWs an die VPs geliefert werden. Sie können in Plastewannen mit Eiswürfeln gekühlt und ohne dass etwas rumschwappt von den Helfern an die Läufer ausgeteilt werden. Und als Läufer macht sich das auch gut. Erst einmal die Beutel greifen. Wenn man mag, soviele wie man in Händen Tragen kann. Später, wenn es warm wird ist das nicht unwichtig! Und dann eine Ecke vom Beutelchen mit den Zähnen aufreißen, in den Mund drücken und trinken. Oder über den Kopf spritzen oder über das Shirt oder wie auch immer. Natürlich liegen dann die leeren Plastebeutelchen zu tausenden auf der Straße rum und manche sind nicht leer. Drauf getreten und schon spritzt man den eigenen Fuß oder andere voll. Es gibt schlimmeres. Coca Cola allerdings wird in Pappbechern ausgeschenkt. An einigen VPs gibt s auch Fanta, aber damit hatte ich im letzten Jahr schlechte Erfahrung. Vom Geschmack her.
So langsam dämmerte es und es kündigte sich der Sonnenaufgang an. Letztes Jahr war dieser richtig schön und wir liefen auf ihn drauf zu. Dieses Jahr musste ich mich umdrehen und schauen, wann es sich denn lohnt ein paar Fotos davon zu machen. Lohnte sich nicht, da waren noch einige Wolken am Horizont, die das vermiesten. Aber nicht meine Laune. Die gute Laune wurde natürlich auch auch von meinem gut funktionierenden Körper unterstützt. Ich fühlte mit topfit und pudelwohl. Die Beine waren locker und gut drauf, da gab es nirgends etwas zu meckern. Habe ich in der Vorbereitung mal wieder alles richtig gemacht. Es ging ja weiterhin größtenteils aufwärts, von kleinen Abschnitten unterbrochen, an denen es wieder etwas hinunter ging. Das sollte sich bis etwa Kilometer 30 nicht groß ändern. Durch die vielen Gehpassagen war das an sich nicht groß anstrengend. Viele Anstiege gehe ich lieber, ich bin halt ein langsamer Ultraläufer. Hin und wieder verfalle ich in den Laufschritt für ein paar Dutzend Meter. Da komme ich einerseits etwas voran und andererseits bringt das Abwechslung in den Bewegungsablauf. Zu lange gehen das nervt schon etwas und das Wiederanlaufen fällt auch um so schwerer, je länger man geht.
Ja Sonnenaufgang war nix hinter mir aber es war schon schön, dass es heller wurde. Der Fotos wegen. Und es wurden auch mehr Zuschauer an der Strecke. Und sie wurden munterer. Ist ja auch nicht gerade unwichtig. Letztes Jahr hatte ich gelernt, dass die Zuschauer an der Strecke hin und wieder auch animiert werden müssen. Dann geht aber die Post ab. Oder man hält die Kamera hin, dann werfen sie sich sofort in Pose. Die Südafrikaner sind schon ein tolles Völkchen. Wurscht ob schwarz oder weiß. Und es lief sich schön weiter. Wir wechselten von der Autobahn auf den King Cetshwayo Highway und der führte uns durch feinere Wohngegenden. Auch dies hier ein Unterschied zu letztem Jahr. Da waren wir recht flott aus Pietermaritzburg raus und "auf dem Land" und viele Klamottensammler säumten die Straße. Man kennt das ja auch von diversen Läufen in Deutschland, wenn es vor dem Start kühl ist, zieht man sich ein altes Baumwollshirt oder was anderes Wärmendes über und wirft das vor oder nach dem Start an die Seite. Diese werden dann eingesammelt und Hilfsorganisationen zugeführt. So ähnlich auch beim Comrades nur nimmt man die Sachen dann auf die Strecke mit und wirft sie an den Rand oder gibt sie den Sammlern gleich in die Hand. Die verticken das dann auf Märkten und bekommen auf die Art ein kleines Zubrot. Gibt eben doch noch viel Armut in Südafrika. Dieses Jahr war das eben doch anders. Zum einen war es bedeutend wärmer vor dem Start und eben liefen wir noch längere Zeit durch bessere Gegenden. Diese erkennt man auch dadurch, dass die Siedlungen entlang der Straße mit hohen Mauern nebst Spannungsdrähten umzäunt waren. Und überall Schilder vom jeweiligen Wachschutz, der die Siedlung "betreut". Also gab es kaum Klamottensammler. Aber immer mehr Zuschauer, die schon munter und gut gelaunt waren.
Wir liefen durch Westwille und weiter ging es hinauf, Gehen und Laufen wechselte sich ab und ich hatte Freude daran. Und wir kamen nach Pinetown, einer Industrievorstadt von Durban. Hier hatten wir etwas Erholung von den Anstiegen bisher. Knapp die Hälfte der Anstiege zu Beginn hatten wir bis hier geschafft und wir waren auf einem Niveau von fast 400 Meter über NN. Zur Belohnung ging es sogar etwas hinab und dann ein paar hundert Meter recht eben. Und jede Menge Stimmung an der Straße. Das war richtig schön zum Genießen. Leider gab es hier auch eine kleine Umleitung dank Baumaßnahmen auf der Hauptstraße. Dadurch verlängerte sich die Gesamtstrecke um etwa 700 Meter. Das wirkte sich aber nicht auf die Zielschlusszeit aus. Die paar Minuten musste man dann extra heraus laufen. Läufer bei denen es knapp werden würde, konnte das schon in Schwierigkeiten bringen. Dazu hab ich ja schon zu Beginn einiges geschrieben. Nachdem wir aus Pinetown raus waren liefen wir wieder durch bessere Wohngebiete und gewannen weitere Höhenmeter. Bis wir den zweiten von den Big Five absolvierten: Fields Hill. Der finale Anstieg hatte es dann doch ganz schön in sich und war recht steil. Auch wenn ich das vom letzten Jahr her kannte, anders herum läuft es sich an der Stelle doch einfacher *hihi*
Es wurde ein Stück etwas leichter und schön belaufbar, wir liefen wieder ein gutes Stück auf der Autobahn, bis wir diese für den Rest der Strecke verließen. Wir näherten uns Hillcrest. Nicht nur, dass es wieder eine recht feine Wohngegend war. Das sieht man nicht nur an den eingezäunten Vierteln, auch der Anteil weißer Zuschauer war wieder höher. Die Stimmung war auch hier wunderbar. Was ich auch wunderbar fand, war die Tatsache, dass ich bereits über 30 Kilometer hinter mir hatte und ich mich dabei weiterhin richtig gut fühlte. Durch die fielen Gehpassagen hatte ich zwar eine Menge Zeit verloren, aber das war alles noch vollkommen im Rahmen, da machte ich mir keine Sorgen. Ich hatte auch das tolle Gefühl, dass ich auch den Rest der Strecke problemlos bewältigen werden würde. Das klingt jetzt schon komisch?. Wie kann man bei solch einer Strecke bereits nach einem Drittel wissen, dass der Rest auch gut laufen wird? Keine Ahnung und trotz der Tatsache, dass durchaus immer was passieren kann, war ich mir da bereits sicher. Und das gab meiner guten Laune natürlich weiteren Schwung.
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Mein zweiter Comrades 2015 - und es war wieder ein Fest
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